Die Deutsche Tamariske (Myricaria germanica), auch Rispelstrauch genannt, ist eine ausgesprochene Spezialistin: Sie wächst auf den offenen Kies- und Schotterflächen alpiner Bäche, die durch Hochwässer und Umlagerungen ständig neu entstehen. Diese Dynamik ist für sie überlebenswichtig – ohne sie verschwinden ihre Lebensräume, und mit ihnen die Tamariske.
Weil sie in Europa extrem selten ist, steht die Art unter strengem Schutz (FFH-Richtlinie, Artenschutzverordnung Steiermark). In Österreich gilt sie auch als stark gefährdet. Heute finden sich nur noch wenige Vorkommen, in der Steiermark etwa zuletzt nur mehr im Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal und im Nationalpark Gesäuse – meist handelt es sich dabei um überalterte Einzelpflanzen oder Ergebnisse von Wiederansiedelungsprojekten.
Die Tamariske ist eine Pionierpflanze, die neue Schotterflächen rasch besiedeln kann. Diese Standorte sind nährstoffarm, konkurrenzarm und werden von Hochwässern geprägt. Fehlt jedoch die Flussdynamik, setzt schnell die Sukzession ein: Weiden, Kiefern und andere Arten verdrängen die wenig konkurrenzstarke Tamariske. Auch sehr starke Hochwässer können lokale Bestände zerstören. Sie kann sich dann zwar wieder ansiedeln, doch dafür braucht es nahegelegene Quellpopulationen – ein Beispiel für sogenannte Metapopulations-Dynamik.
Da in Österreich nur noch rund 15 Prozent der Flüsse frei fließen, fehlen vielerorts die offenen, dynamischen Schotterflächen. Das ist der Hauptgrund für die Gefährdung der Tamariske. Für ihr Überleben braucht es daher Maßnahmen wie die Wiederherstellung natürlicher Flussdynamik und gezielte Unterstützung durch Wiederansiedelungen. Nur so kann diese seltene Art langfristig erhalten bleiben.
Pflegeeinsatz Lassingbach
Gemeinsam hat das Team der Schutzgebietsverwaltung im September die wenigen bestehenden Individuen am Lassingbach freigeschnitten und so von überwuchernden Gehölzen und Gräsern befreit. Diese scheinbar kleine Maßnahme ist für das Bestehen der Art von großer Bedeutung – denn nur wenn die Tamarisken ausreichend Licht und geringe Konkurrenz haben, können sie bestehen bleiben.
Das Team hat die Schotterbank nach allen Individuen der Deutschen Tamariske abgesucht. Mit Freude konnte festgestellt werden, dass die knapp 40 Individuen aus drei verschiedenen Altersklassen bestehen. Dies ist positiv, da daraus geschlossen werden kann, dass über die Jahre eine erfolgreiche Verjüngung stattgefunden hat.
Aktuell ist der Lebensraum der Tamariske im Lassingtal gefährdet. Durch Eingriffe in den Lassingbach - welche vor der Erweiterung des Wildnisgebiets auf die steirische Seite geschahen – wurde dem Bereich des Flusses durch lokale Verbauungen die Dynamik genommen.
Genau hier setzt der Einsatz an. Durch das Freischneiden der einzelnen Pflanzen, verschafft man den Tamarisken Zeit und bessere Entwicklungs-sowie Verjüngungsbedingungen. Nur so können sich diese Pioniere an dem Standorthalten, bis die natürliche Flussdynamik – also Hochwässer und Umlagerungen – wieder frei ablaufen können und der Lebensraum der Tamariske gesichert wird.
Die Deutsche Tamariske ist daher weit mehr als nur eine botanische Rarität: Sie ist ein Symbol für intakte und lebendige Fließgewässer und steht als Leitart für deren Erhalt. Unser Pflegeeinsatz am 17.09 war ein kleiner, aber wichtiger Beitrag dazu, dass diese seltene Art auch in Zukunft ihren Platz am Lassingbach behaupten kann.
Wichtiger Hinweis der Schutzgebietsverwaltung: Der Einsatz fand in einer schmalen Managementzone statt. Das restliche Gebiet unterliegt strengem Prozessschutz.



