Um das Arteninventar der Avifauna im Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal zu erheben, wurden während den Brutsaisonen 2024 und2025 standardisierte Punkttaxierungen durchgeführt. Ergänzt wurden diese Erhebungen durch Streudaten, die vor allem im Bereich von Sonderstandorten erhoben wurden. Zudem wurden auch bisher unveröffentlichte Daten aus früheren ornithologischen Erhebungen mitberücksichtigt. Auf Basis dieser Datengrundlagewurde ein möglichst vollständiges Arteninventar des Wildnisgebietes Dürrenstein-Lassingtal abgebildet, wobei für Brutvogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie auch eine Bestandsschätzung im Wildnisgebiet erfolgte.
Die standardisierten Punkterhebungen wurden in den Brutsaisonen 2024 und 2025 zwischen April und Juni durchgeführt. An jedem Punkt wurden in einem Radius von 100 m alle visuell und/oder akustisch nachgewiesenen Vogelarten, Anzahl der Individuen pro Art und – soweit möglich und insbesondere bei naturschutzrelevanten Arten – Geschlecht und Alter notiert. Vogelbeobachtungen außerhalb des 100 m-Radius wurden gleichermaßen notiert, für weiterführende Analysen hinsichtlich der relativen Revierdichtenallerdings nicht berücksichtigt. Insgesamt wurden im Rahmen der Punkttaxierungen 1.885 Datensätze erfasst. Die Erhebungen fanden überwiegend in den frühen Morgen- bis Vormittagsstunden statt, um die Tageszeit erhöhter Aktivität abzudecken.
Im Projektzeitraum der Jahre 2024 und 2025konnten 3.993 Vogelbeobachtungen registriert werden. Davon entfielen 51,8 % der Datensätze auf das Erweiterungsgebiet im steirischen Lassingtal, 48,2 % der Daten entfielen auf den niederösterreichischen Anteil des Schutzgebietes. Es wurden in diesem Zeitraum 83 Vogelarten nachgewiesen, von denen 77 Arten als Brutvögel betrachtet werden können. Bezieht man auch die bei den Autoren vorhandenen Streudaten aus den Jahren 1999 bis 2023 in die Auswertung (1.828 Datensätze)mit ein, erhöht sich die Artenzahl auf 96 Arten. Als (potenzielle)Brutvogelarten kommen – gereiht nach der Anzahl der vorhandenen Nachweise – Habichtskauz, Trauerschnäpper, Wanderfalke, Uhu, Waldohreule und Gartengrasmücke hinzu. Vier weitere Arten kommen als mögliche Brutvögel hinzu, zu denen Brutzeitbeobachtungen anderer Beobachter vorliegen: Mauerläufer, Zitronenzeisig, Neuntöter und Bluthänfling.
Zusammenfassend betrachtet, liegen für 117 Vogelarten Nachweise aus dem Wildnisgebiet vor. Davon kommen nach dem derzeitigen Kenntnisstand 83 (- 87) Vogelarten als Brutvögel in Betracht. Etwa78 Arten wiederum zählen zu den regelmäßigen Brutvögeln.
Diese Ergebnisse brauchen den Vergleich mit anderen, vergleichbar hochrangigen Schutzgebieten nicht zu scheuen. So wurden von Probst 2008 für den kärntnerischen Anteil des Nationalparks Hohe Tauern auf einer deutlich größeren Fläche bis zu 97 Vogelarten festgestellt, die zumindest als mögliche Brutvögel in Frage kommen. Wolfgang Scherzinger beziffert diesen Wert für den Nationalpark Bayerischer Wald mit 80 Arten. Für den Nationalpark Berchtesgaden werden 71 Arten als Brutvögel angegeben.
Als häufigste Arten für das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal werden Buchfink, Rotkehlchen, Tannenmeise und Zilpzalp angegeben, wobei sich die avifaunistischen Lebensgemeinschaften je nach Lebensraumtyp deutlich unterscheiden können.
Für das Wildnisgebiet besonders hervorzuheben sind das Vorkommen einer beachtlichen Population des Halsbandschnäppers, des Zwergschnäppers, der Waldschnepfe und der Bergwaldspechte sowie das neu entdeckte Vorkommen der Zippammer.
Das Wildnisgebiet ist als Brutplatz auch von besonderer Bedeutung für so manche Anhang I-Art. So brüten folgende Arten der Anhang I-Liste regelmäßig im Wildnisgebiet: Haselhuhn, Alpenschneehuhn, Auerhuhn, Birkhuhn, Steinadler, Raufußkauz, Sperlingskauz, Uhu, Habichtskauz, Dreizehen-, Weißrücken-,Schwarz- und Grauspecht, Halsband- und Zwergschnäpper.
Wie nachfolgende Tabelle zeigt, ist die Häufigkeit des Vorkommens einzelner Arten zudem von nationaler Bedeutung:

Mit der Erhaltung des im Alpenraum einzigartigen Primärurwaldes Rothwald trägt die Schutzgebietsverwaltung des Wildnisgebietes eine hohe Verantwortung für den Schutz charakteristischer Arten und koordiniert gebietsschonende Forschungsaktivitäten im Bereich Waldökosysteme und Prozessschutz. In diesem Sinne möchte die vorliegende Arbeit nicht nur eine aktuelle Bestandsaufnahmeder Avifauna des Gebietes darstellen, sondern auch die Grundlage für ein zukünftig einzurichtendes Monitoring der Avifauna im Wildnisgebiet bilden.
Dieses Projekt wird durch den Biodiversitätsfonds des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft gefördert.“


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